Bauwasserhaltung

Was ist eine Bauwasserhaltung und wozu wird sie benötigt?

Wasserhaltung beschreibt eine Maßnahme, bei der im Untergrund vorhandenes Grundwasser entnommen, d.h. gefördert wird. Häufig werden Wasserhaltungen temporär im Zuge von Baumaßnahmen erforderlich und dann als Bauwasserhaltungen bezeichnet.

Ein einfaches Beispiel ist der Bau eines Hauses, dessen Keller sich später im Grundwasser befindet. Für den Aushub der Baugrube und die Herstellung des Kellers muss in diesem Bereich das Grundwasser abgesenkt werden, um trockenen Fußes bauen zu können. Nach Fertigstellung des Kellers und der Abdichtung gegen das Grundwasser wird die während der Bauzeit betriebene Wasserhaltung nicht mehr benötigt. Das Haus kann dann im Grundwasser „stehen“.

Ein Großteil der Bauwerke, die für die 2. Stammstrecke hergestellt werden, befindet sich im Untergrund. Aufgrund der örtlichen Geologie wird auch in größeren Tiefen regelmäßig Grundwasser angetroffen. Das Grundwasser befindet sich im Boden in den Hohlräumen zwischen den einzelnen Körnern, etwa vergleichbar mit den Löchern eines Schwamms. Für die Herstellung der Bauwerke, insbesondere der neuen Stationen am Hauptbahnhof, Marienhof und Ostbahnhof sowie der Rettungsschächte und der Umweltverbundröhre, muss ein Teil des Grundwassers während der Bauzeit entnommen werden.

Wie funktioniert eine Bauwasserhaltung?

Für die Entnahme von Grundwasser werden Förderbrunnen gebaut. Hierzu werden tiefe Bohrungen bis in das Grundwasser durchgeführt und anschließend zu Brunnen ausgebaut. Für die Förderung des Grundwassers aus diesen Brunnen an die Geländeoberfläche werden Pumpen in die Brunnen eingesetzt.

Bei Betrieb eines Förderbrunnens wird Grundwasser aus dem Umfeld des Brunnens entnommen. Dadurch sinkt zunächst der Druck im Grundwasser („Grundwasserentspannung“). Bei steigender Förderung kann der Untergrund im Umfeld des Bodens auch (zumindest teilweise) entwässert werden. Bei Anordnung von mehreren Förderbrunnen in einer Gruppe, kann der Wirkungsbereich der Bauwasserhaltung auf größere Flächen ausgedehnt werden.

Bauwasserhaltung am Marienhof

Der Bau der neuen S-Bahn-Station am Marienhof umfasst im Wesentlichen zwei Gewerke: die große Baugrube und davon abgehend mehrere Tunnelvortriebe.

Baugrube

In der großen Baugrube wird die neue mehrgeschossige S-Bahn-Station einschließlich der Zu- und Abgänge zum Bahnsteig errichtet. Die äußere Begrenzung der Baugrube bildet die bereits hergestellte Schlitzwand. Während des Baugrubenaushubs unterhalb eines Deckels (=oberste Decke) werden die Schlitzwände durch den frühzeitigen Einbau der Geschoßdecken in Position gehalten (Schlitzwand-Deckel-Bauweise).

Auf die Außenseite (Erdseite) der Schlitzwände wirkt neben dem Erddruck auch der Druck des Grundwassers. Vor allem der Druck des Grundwassers ist aufgrund der großen Tiefe der Baugrube sehr groß. Aus technischen Gründen ist es daher erforderlich, den Wasserdruck zu reduzieren.

Diese Reduzierung des Wasserdrucks wird durch die Bauwasserhaltung erreicht. Aus einer Vielzahl an Brunnen rund um die Baugrube wird vor und während des Baus Grundwasser gefördert. Diese Grundwasserentnahme führt nicht zur „Entwässerung“ oder „Trockenlegung“ des Bodens, sondern ist so ausgelegt, dass nur der Wasserdruck auf die Schlitzwand auf das notwendige Maß reduziert wird („Grundwasserentspannung“).

Im Endzustand, d.h. nach Herstellung des neuen Stationsbauwerks in der Baugrube, ist eine Verringerung des Grundwasserdrucks auf die Schlitzwände nicht mehr erforderlich. Das neue und fertige Bauwerk ist darauf ausgelegt, den vollen Wasserdruck aufnehmen zu können. Der Betrieb der Bauwasserhaltung, also die Förderung von Grundwasser zur Druckminderung, kann dann beendet werden.

Tunnelvortriebe für Bahnsteige

Die zum Stationsbauwerk gehörigen Tunnel, in denen sich später Teile der Bahnsteige befinden, werden konventionell in Spritzbetonbauweise unter Druckluft aufgefahren. Der Boden wird hierbei in der Regel abschnittsweise mit einem Bagger gelöst und die Tunnelwand mit einer Spritzbetonschale gesichert. Während dieser Arbeiten sorgen Kompressoren für einen permanenten Luftüberdruck im Tunnel, der zur Baugrube hin mit Druckluftschleusen abgedichtet ist. Der Luftüberdruck wird so eingestellt, dass er größer als der Druck des Grundwassers im Umfeld des Tunnelvortriebs ist. Dieser Luftüberdruck verhindert, zusammen mit bereits durch Spritzbeton gesicherte Tunnelabschnitte, ein Einströmen des Grundwassers in den Vortrieb während der Tunnelbauarbeiten.

Für die Bauleute ist beim Betreten und Verlassen der unter Druckluft stehenden Bereiche ähnlich wie beim Tauchen eine „Gewöhnung“ des Körpers an die geänderten Druckverhältnisse (Akklimatisierung) erforderlich. Dies wird durch Ein- und Ausschleusungen von der Baugrube in den Tunnel erreicht, bei denen sukzessive der Luftdruck erhöht bzw. reduziert wird.

Die Tunnel für die neue S-Bahn-Station am Marienhof liegen in ca. 40 m Tiefe. Die dort herrschenden Grundwasserdrücke sind sehr hoch, so dass ihnen allein durch Luftüberdruck im Tunnel nicht begegnet werden kann. Als Lösung wird daher der Druck des Grundwassers im Tunnelbereich vorab gesenkt („Grundwasserentspannung“). Dieser reduzierte Wasserdruck ermöglicht dann den Tunnelvortrieb bei geringerem Luftüberdruck.

 

Zur Verringerung des Wasserdrucks wird die Bauwasserhaltung benötigt. Aus einer Vielzahl an Brunnen wird vor und während der Tunnelbauarbeiten Grundwasser aus dem Umfeld der Tunnelbaustelle gefördert. Diese Grundwasserentnahme führt analog zur Baugrube nicht zur vollständigen „Entwässerung“ oder „Trockenlegung“ des Bodens, sondern ist so ausgelegt, dass in erster Linie der Wasserdruck auf das notwendige Niveau reduziert wird.

Nach Fertigstellung ist im Tunnel kein Luftüberdruck mehr erforderlich. Die Abdichtung gegen das Grundwasser erfolgt dann durch ein mehrlagiges System aus Spritzbetonaußenschale, Dichtungsfolie und Tunnelinnenschale. Dieses mehrlagige System ist in der Lage, dann auch dauerhaft dem ursprünglichen und vollen Grundwasserdruck standzuhalten. Aus diesem Grund wird die Förderung von Grundwasser, d.h. der Betrieb der Bauwasserhaltung, nach Fertigstellung der Tunnel beendet. Danach werden sich, ebenso wie bei der Baugrube, wieder die ursprünglichen Grundwasserdrücke rund um die neuen Bauwerke einstellen.

Wohin mit dem geförderten Grundwasser?

Das mit der Vielzahl an Brunnen während der Bauzeit geförderte Grundwasser wird im Regelfall an anderer Stelle (abseits der Baustelle) dem Boden wieder zugeführt.

Aufgrund der zentralen Lage der Baustelle am Marienhof ist dies hier nicht möglich. Im erreichbaren Umfeld stehen keine freien Flächen zur Verfügung, auf denen eine Versickerung stattfinden könnte. Für den Bau der neuen S-Bahn-Station am Marienhof wurde daher eine Einleitung des geförderten Grundwassers in den nahen westlichen Stadtgrabenbach genehmigt. Von dort fließt das Wasser weiter in die Isar.

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